BAG nimmt Arbeitgeber in die Pflicht - Arbeitszeiterfassung bereits geltendes Recht!

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21), entschieden, dass die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen und zu dokumentieren ist.

Dem Bundesarbeitsgericht (BAG) lag in seiner Entscheidung vom 13.09.2022 der Fall zugrunde, dass ein Betriebsrat ein Initiativrecht bei der Einführung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems geltend machte. Unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung des LAG Hamm (Beschl. v. 27.07.2021 – 7 TaBV 79/20) lehnte das BAG dies allerdings mit der Begründung ab, dass sich eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten bereits aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ergebe. Deshalb bestehe für ein Initiativrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) kein Raum mehr. 

Dieser Entscheidung lag wiederum ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 zugrunde (EuGH, Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18). In diesem Fall hatte der EuGH zwar geurteilt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Arbeitgebern zur Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie aufzugeben „ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung“ einzurichten. In Deutschland blieb dieses Urteil jedoch zunächst weitgehend folgenlos. Nach ganz überwiegender Auffassung folgte aus dem EuGH-Urteil keine direkte Verpflichtung der Arbeitgeber, sämtliche Arbeitszeiten (also nicht nur Überstunden sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit) zu erfassen. Vielmehr wurde angenommen, dass der deutsche Gesetzgeber in der Pflicht sei, das EuGH-Urteil umzusetzen und eine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung gesetzlich näher auszugestalten.

Dem kam der BAG mit seinem Urteil vom 13.09.2022 nun allerdings zuvor, nachdem man über drei Jahre auf ein Handeln des Gesetzgebers wartete und führt in den sehnlichst erwarteten und am 02.12.2022 veröffentlichten Entscheidungsgründen aus, dass bereits der EuGH in seiner CCOO-Entscheidung (Urt. v. 14.05.2019 – C-55/18) verbindlich festgestellt habe, dass Arbeitgeber verpflichtet seien, ein objektives, verlässliches und zugängliches System für die Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten einzurichten. Das ergebe sich unter anderem aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG (sog. Arbeitsschutzrichtlinie). Dieser wiederum sei durch § 3 ArbSchG fast wortidentisch in nationales Recht umgesetzt worden.

Angesichts des Verweises auf § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG qualifiziert das BAG die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit als bereits bestehende Verpflichtung der Arbeitgeber. Für Arbeitgeber ist dies ein sofortiger Handlungsauftrag, die Arbeitszeit (fast) aller Beschäftigten zu dokumentieren. Arbeitgeber sind gehalten, ein Zeiterfassungssystem einzuführen, mit dem die geleistete Arbeitszeit einschließlich der Überstunden vollständig erfasst wird. In einem ersten Schritt sollten Arbeitgeber daher spätestens jetzt ihre unternehmensinternen Prozesse und Systeme zur Arbeitszeiterfassung evaluieren und mit den Vorgaben des BAG abgleichen.

Klar ist, dass sich ein umfassendes Zeiterfassungssystem – sofern es noch nicht um Unternehmen integriert ist - nicht von heute auf morgen schaffen lässt, da für die Bereitstellung umfangreiche datenschutzrechtliche Klärungen notwendig sind.

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(/Schumacher)

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